Ein bisschen Notfall

Ein bisschen Notfall

09. Juli 2012

Mittlerweile liegen erste Augenzeugenberichte vom Untergang der Oriental Siren am 7. Juni vor Layang Layang, im Südchinesischen Meer vor der Nordküste von Borneo vor. Der neueste undercurrent widmet dem zweiten Untergang eines Schiffes aus der Siren Flotte innerhalb von 6 Monaten einen ausführlichen Bericht und lässt Passagiere und Reiseveranstalter zu Wort kommen.

Klar ist, dass die Oriental Siren am 05. Juni bereits ziemlich lädiert nach einer 24stündigen Überfahrt (normalerweise dauert die Fahrt 16 bis 18 Stunden!) bei schlechtem Wetter und hohem Wellengang von Layang Layang in Labuan im ostmalayischen Sabah angekommen war. Bei einer Überprüfung des Schiffsrumpfs im Dock von Labuan konnten allerdings keine Schäden festgestellt werden.
Am selben Tag kamen die neuen Gäste an Bord und begannen mit Wracktauchgängen vor Labuan. Am Nachmittag des nächsten Tages entschied der Kapitän, eine leichte Verbesserung der Wettersituation auszunutzen um sich auf die 185 Seemeilen lange Fahrt nach Layang Layang begeben.

Bereits während der Überfahrt am 06. Juni bemerkten einige Passagiere, dass Wasser in geringen Mengen in die Bäder und Kabinen eindrang. Ein Passagier berichtete auch, dass jedesmal, wenn eine Welle das Schiff traf, ein Schwappen im Inneren des Schiffes zu hören war. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Oriental Siren bereits zu Beginn der Überfahrt ein Leck hatte, das man bei der Kurzinspektion in Labuan nicht entdeckt hatte.

Im Laufe der Nacht vom 06. auf den 07. Juni verschlechterte sich die Situation an Bord kontinuierlich. Um 04.00 Uhr morgens stand bereits sehr viel Wasser im Maschinenraum und die gesamte thailändische Mannschaft war in heller Aufregung. Gegen 05.00 Uhr morgens informierte dann einer der beiden Cruise Manager die Passagiere, dass man ‚a bit of an emergency‘ habe und die Rettungswesten anziehen müsse. Vorher war bereits der Schiffsdiesel abgesoffen und alle Lichter ausgegangen, so dass auch die Wasserpumpen nicht mehr arbeiteten.

Vor dem Verlassen des Schiffes durften die Passagiere noch das Nötigste aus ihren Kabinen mitnehmen. Zu diesem Zeitpunkt stand das Wasser schon gut 30 cm hoch in den Kabinen. Obwohl das Schiff nur noch etwa 15 Seemeilen von Layang Layang entfernt war und der deutsche Cruise Director Arndt regelmäßig SOS funkte, kam von der malayischen Marinebasis auf Layang Layang keine Antwort. Bei 3 bis 5m hohen Wellen gingen Gäste und der größte Teil der Mannschaft an Bord der beiden Dinghies während einige Mitglieder der Crew versuchten, die beiden Rettungsinseln zu aktivieren. Dies gelang allerdings nur zum Teil. Beide Rettungsinseln lagen zuerst kopfüber im Wasser und es gelang nur eine Insel aufzurichten; die andere musste aufgegeben werden.

Während dieser ganzen Aktion scheint ein unbeschreibliches Chaos an Bord geherrscht zu haben. Die kaum oder nur sehr wenig Englisch sprechende Mannschaft war überfordert und der thailändische Kapitän muss sich völlig apathisch und unbeteiligt ins Dinghy verkrochen haben, so dass die Tauchguides und einige Passagiere die Führung übernahmen. Man entschied sich schließlich dafür sich zu trennen und mit dem mit 11 Personen besetzten Dinghy zu versuchen, Layang Layang zu erreichen. Trotz bis zu 5m hoher Wellen, mehrfachen Auftankens und eines stotternden Außenborders erreichte die Gruppe schließlich völlig erschöpft die Marinebasis von Layang Layang. Selbst jetzt noch erwies sich die malayische Navy als völlig unkooperativ. Man verlangte zuerst einmal die Pässe der Angekommenen zu kontrollieren und weigerte sich die stark motorisierten Navy-Speedboote rauszuschicken. Es sei im Augenblick zu gefährlich. Als nach langem Palaver und Bitten der Schiffsbrüchigen schließlich doch ein Boot rausgeschickt werden sollte, traf die Rettungsinsel mit den restlichen 15 Überlebenden in Layang Layang ein. Am nächsten Tag konnte man dann in den malayischen Zeitungen lesen, dass die Navy auf hoher See 26 Überlebende eines Schiffsunglücks gerettet habe…

Auf Layang Layang befindet sich gleich in Nachbarschaft zur Marinebasis das Layang Layang Dive Resort. Auch dort war man alles andere als hilfsbereit. Erst nachdem Worldwide Dive and Sail (WDS), die Eigentümer der Oriental Siren, dem Management des Resorts die Übernahme alle Kosten zugesichert hatte, war man schließlich bereit, die Schiffsbrüchigen mit dem Nötigsten zu versorgen.

Obwohl WDS – wie auch schon vor 6 Monaten nach dem Untergang der Mandarin Siren – sich sofort und effizient um den Rücktransport der Passagiere in ihre jeweiligen Heimatländer gekümmert hat, bleiben offene Fragen.

WDS bietet seine Tauchsafaris besonders im englischsprachigen Raum an und hat in den vergangenen Jahren immer wieder neue Schiffe auf den Markt geworfen. Möglicherweise sind bei dieser schnellen Expansion grundlegende Sicherheitsaspekte aus dem Blick geraten. Die Mannschaften erwiesen sich in beiden Fällen als überfordert. Offensichtlich waren sie nicht darauf vorbereitet, mit schlechten Wetterbedingungen oder Tauchunfällen angemessen umzugehen. Berichte von anderen Schiffen aus der Siren-Flotte scheinen dies zu bestätigen. So berichten Gäste von Tauchguides, die die Tauchplätze nicht kannten und ihre Kunden vor Komodo in extrem risikoreiche Tauchgänge führten. Es grenzt aufgrund dieser Erfahrungsberichte an ein Wunder, dass es bisher auf den Schiffen der Siren-Flotte noch nicht zu einem tödlichen Unfall gekommen ist.

Eine renommierte britische Reiseagentur hat bereits wegen Sicherheitsbedenken die Reißleine gezogen und die Zusammenarbeit mit Worldwide Dive and Sail eingestellt.



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