Vergessene Inseln - ein Glücksfall für Taucher (1)

Vergessene Inseln – ein Glücksfall für Taucher (1)

03. November 2013

Teil 1 Von Maumere nach Alor

„Tauchsafaris zu den vergessenen Inseln haben derzeit noch stark explorativen Charakter. Man muss wissen, dass man sich hier auf ein echtes Abenteuer einlässt, da bisher noch keine Kenntnisse der Tauchplätze vorliegen.“

So habe ich in meinem Beitrag über ‚Tauchsafaris in Indonesien‚ die ‚Einmal-im-Leben-Tauchsafari‘ zu den vergessenen Inseln Indonesiens geschrieben. Wir haben im Oktober dieses Abenteuer gewagt und ich übertreibe wohl nicht, wenn ich nach Abschluss dieser Safari feststelle, dass wir eines der besten Tauchgebiete Indonesiens entdeckt haben. Taucherisch muss man hier wirklich von Entdeckung sprechen, denn vor dieser Tour mit der Amira hat außer der Seven Seas kein anderes Tauchschiff diese Inselkette östlich von Timor besucht und systematisch nach Tauchplätzen erforscht. Wir haben im Laufe dieser Safari eine große Zahl an Weltklasse-Tauchplätzen entdeckt und ich vermute, dass im Rahmen der bereits geplanten Folgetouren weitere Spitzentauchplätze hinzukommen.

Tourverlauf zu den vergessenen Inseln 2013

Unsere Tour zu den vergessenen Inseln Indonesiens im Oktober 2013

Die vergessenen Inseln Indonesiens gehören zu den Südöstlichen Molukken und erstrecken sich über eine Entfernung von mehr als 1000 km von Wetar im Westen bis zu den Kei- und Aru-Inseln im Osten. Von den vergessenen Inseln Indonesiens spricht man eigentlich erst seit 1995 als das Reichsmuseum für Völkerkunde in Leiden eine Ausstellung über die Kunst & Kultur der Südöstlichen Molukken durchführte. Der damals veröffentliche Begleitband zur Ausstellung ‚Vergeten Eilanden. Kunst & Cultuur van de Zuidost-Molukken, Leiden 1995‚  ist heute nur noch antiquarisch zu bekommen. Die beiden Autoren des Werkes, Nico de Jonge und Toos van Dijk haben in den 80iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Anthropologen auf verschiedenen Inseln im Gebiet der Südöstlichen Molukken geforscht und seit der Herausgabe ihres Buches bezeichnet man die Südöstlichen Molukken auch als die vergessenen Inseln Indonesiens.

Ahnenfigur von der Insel Sermata - Vergessene Inseln

Ahnenfigur von der Insel Sermata

Erst seit dieser Ausstellung in Leiden wissen wir auch Genaueres über die Geschichte und faszinierende Kultur dieser Inseln und ihrer Bewohner. Dazu gehört beispielsweise der Boots-Symbolismus:

Die Menschen auf den Südöstlichen Molukken sahen sich als Besatzung eines Schiffes mit einer entsprechenden Rollenverteilung (Pilot, Steuermann, Wasserschöpfer) und organisierten das Leben in den Häusern und Dörfern entsprechend dieser nautischen Rollenverteilung.  Vielfach hatte die äußere Anlage der Dörfer die Form eines Schiffes und die Dorfplätze mit Ahnenstatuen wurden ebenfalls in Schiffsform angelegt. Kopfjagden wurden bis zum Anfang des 20. Jh. durchgeführt und auf einigen Inseln fanden in größeren Abständen orgiastische Fruchtbarkeitsrituale statt.

Zu Anfang des 20. Jh. haben  Missionare im Bund mit der Kolonialmacht Holland dafür gesorgt, dass von dieser ursprünglichen Kultur nur noch wenig übrig geblieben ist. Ahnenfiguren wurden verbrannt und die Eingeborenen gezwungen ihre befestigten Dörfer aus den Höhenlagen der Inseln an den Strand zu verlegen. Nur wenige Exemplare der z. T. hervorragend gearbeiteten Schnitzereien sind heute noch in Museen in Holland zu besichtigen. Die hier abgebildete Ahnenfigur wurde uns auf Sermata angeboten. Angeblich stammt sie aus alten Grabanlagen auf der Insel.

Von der holländischen Unterdrückung in der Kolonialzeit und den damit verbundenen Handelsverboten mit den benachbarten Inseln haben sich die vergessenen Inseln nie erholt. Auch heute noch sind sie nur schwer erreichbar. Es gibt keine Flugverbindungen, Fährschiffe legen nur selten an und eine touristische Infrastruktur ist nicht vorhanden. Ein Mobilfunknetz existiert ebenfalls nicht. Wir waren während unser fast 14-tägigen Tour tagelang ohne den sonst auch in Indonesien mittlerweile üblichen Kontakt zur Außenwelt.

Für Taucher sind dies allerdings Rahmenbedingungen, die die vergessenen Inseln erst recht attraktiv machen. Sie sind daher auch schon lange auf meiner Indonesien-Wunschliste. Leider ließ sich dieser Traum bisher nicht erfüllen. Es gab einfach keine wagemutigen Skipper, die bereit waren ihr Schiff in diese Gewässer zu lenken. Seit die Amira in den indonesischen Gewässern kreuzt ist dies endlich anders geworden.

Schon vor zwei Jahren haben Maik Solf von Aquaventure, Bruno Hopff, Cruise Director der Amira und ich mit der Planung begonnen und es war bald klar, dass nach den beiden Halmahera-Explorationen 2012/13 im Oktober 2013 endlich die lang ersehnte Forgotten Islands Explorationstour folgen sollte.

Um die Niedersächsischen Herbstferien optimal ausnutzen zu können flogen wir am 3. Oktober los und erreichten nach einem Tag Pause in Jakarta am 05. Oktober nach einer Zwischenlandung in Makassar endlich unser Schiff, das schon seit ein paar Tagen in Maumere auf Flores auf uns wartete.

Lembata

Mimic Octopus in Waiwowang - Vergessene Inseln

Mimic Octopus in Waiwowang

Da wir möglichst schnell Richtung Osten weiter wollten, verzichteten wir auf Tauchgänge in der Bucht von Maumere sondern fuhren noch am gleichen Tag weiter Richtung Lembata, wo dann auch am nächsten Tag Tauchgänge an schönen Wänden und Crittertauchgänge bei Waiwowang vor Lembata folgten. Waiwowang erwies sich dabei als extrem vielversprechender Tauchplatz. Wir fanden zwar nur Anglerfische und keine Rhinopias, dafür aber einen Mimic Octopus, verschiedene Seepferdchen und anderes Kleinzeug. Unsere Makrofotografen waren auf jeden Fall begeistert.

Komba Vulkan

Kopter Fluggebiet: Der Komba Vulkan - Vergessene Inseln

Der Komba Vulkan

Ziemlich spontan entschieden wir uns dann für einen kleinen Umweg in die Bandasee. Wir wollten endlich einmal direkt am Fuße eines aktiven Vulkans tauchen und lenkten die Amira in der nächsten Nacht nach Nordosten und wurden bei Sonnenaufgang des nächsten Tages von einem Geräusch geweckt, das uns an ein startenden Düsenflugzeug erinnerte. Der Komba Vulkan stieß an seiner Südostflanke in regelmäßigen Abständen Rauchwolken und Geröll in die Luft. Es hörte sich jedes mal an wie ein startendes Flugzeug.

Auch unter Wasser zeigte sich der Komba Vulkan von seiner attraktiven Seite. Die steilen und zerklüfteten Hänge sind an einigen Stellen geradezu spektakulär mit Hartkorallen bewachsen und besonders die Schwämme erreichen hier geradezu gigantische Dimensionen. Offensichtlich fördern die Mineralien, die der Vulkan an das Wasser abgibt, besonders stark das Wachstum von Trichter- und Röhrenschwämmen.
Der Komba Vukan verabschiedete uns standesgemäß mit einem beeindruckenden Feuerwerk und wir verbrachten nach Sonnenuntergang noch lange Zeit auf dem Oberdeck und kommentierten mit vielen Ahs und Ohs die feurigen Ausbrüche des Vulkans während die Amira Fahrt nach Osten Richtung Alor aufnahm.

 Alor

Dass Alor einer der Hotspots der marinen Artenvielfalt in Indonesien darstellt, hat sich mittlerweile in Taucherkreisen herumgesprochen. Entsprechend groß waren die Erwartungen unter den Teilnehmern der Expedition, die bisher nicht in Alor getaucht hatten. Sie wurden nicht enttäuscht. Wir begannen mit Muck-Tauchgängen in der Kalabahi Bucht und siehe da, bei den ersten beiden Tauchgängen am nördlichen und südlichen Ufer der  Bucht begrüßten uns insgesamt drei Rhinopias, gar nicht so tief (18 m) wie üblich, allerdings in recht kühlem Wasser.

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Natürlich durften Tauchgänge im kristallklaren Wasser der Pantar Straße zwischen Alor und Pantar nicht fehlen. Bei einem Tauchgang am Tauchplatz Anemone City im Süden von Pura über einem kilometerlangen Seeanemonenfeld froren wir im nur 23°C warmen Wasser erbärmlich, wurden aber mit einem Wobbegong belohnt, der sich als recht munter erwies und Fotografen und Filmer intensiv beschäftigte.

Bei weiteren Tauchgängen in der Pantar Straße bekamen wir natürlich auch die heftige Seite von Alor zu spüren: Am Tauchplatz ‚The Arch‘ flogen unsere Luftblasen nach unten weg und wir kamen nur mühsam aus dieser heftigen Tiefenströmung heraus.

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Während wir unter Wasser noch versuchten aus der Tiefenströmung herauszukommen, hatte der nimmermüde Bruno schon alles für einen Landausflug in Alor vorbereitet. In einem klapprigen Bus ging es vorbei an Mangobäumen voller Mangos (leider noch unreif), Papayastauden und vielen Cashewbäumen in Richtung Takpala, einem traditionellen Dorf auf einem Felsvorsprung mit weitem Blick über die Bandasee.

Auch die Aloresen waren einst gefürchtete Kopfjäger und die Tänze der Einwohner von Takpala erinnern noch an diese Zeiten. Wir Männer durften mit Pfeil und Bogen schießen, die Frauen machten einen Abstecher in die Hütten und inspizierten die Feuerstelle im 2. Stock.

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Teil 2 des Reiseberichts zu den vergessenen Inseln Indonesiens


4 comments

  1. 3. November 2013 at 12:48

    Ein sehr interessanter Artikel! Ich bin gespannt auf Teil zwei.

    Ich erkenne die Rhinopias deutlich wieder:
    http://andreasrmueller.photoshelter.com/gallery-image/Marine-Wildlife-Maumere-to-Ambon/G0000Xvuz4dp6dSQ/I0000sMEWf1.ZLlw/C0000ZngqGQ4bJQo
    Die Kreaturen sind etwas älter geworden.

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  2. 12. November 2013 at 13:19

    Wie genial ist denn das?
    Wer weiß, vielleicht werde ich eines Tages auch dort tauchen 😉

    LG
    Manuela

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  3. Ralf
    27. September 2017 at 10:27

    Hi
    Sehr schöner Bericht und eine Reise in die Vergangenheit. Ich war 1992 dort, leider konnte ich keinen Tauchgang machen mangels vorhandener Infrastruktur. Aber allein das schnorcheln war der Wahnsinn!
    Ich hoffe, die Unterwasser und Oberwasserwelt bleibt dort noch lange erhalten und ich kann eiens Tages zurückkehren
    LG
    Ralf

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